Pflege braucht Öffentlichkeit

Am Dienstag (2013-08-27) habe ich an einer Podiumsdiskussion zum Thema Pflege teilgenommen. Eingeladen hatte das Bündnis für gute Pflege. Der Moderator Carsten Koock vom R.SH führte souverän durch die Diskussion und stellte schon zu Anfang eine wirklich interessante Frage an die Podiumsteilnehmer:

Was bedeutet für Sie “Gute” Pflege?

Natürlich kann man nun verschiedene Ansichten äußern und sowohl den Standpunkt vertreten, dass sie gut ist, wenn sie auch bezahlbar ist, oder die Qualitätsstandards und Ihre Nachweise und Umsetzung als Maßstab für gute Pflege definieren. Die Podiumsteilnehmer haben das auch getan – und, ich will das nicht unerwähnt lassen, ebenfalls auf die Bedürfnisse der Pflegenden und der Patienten hingewiesen.

Ich habe es mir einfach gemacht. Ich sagte, gute Pflege ist, wenn der Patient sie als gut empfindet. Neben dem subjektiven Empfinden des Patienten schließt diese Aussage alle anderen Dinge ein. Ein gestresster Pfleger, monetäre Beschränkungen und ein Nichteinhalten von wichtigen Grundregeln haben schlussendlich immer das Gleiche zur Folge: Der Patient füllt sich nicht wohl!

Bei der Pflege und bei jedem anderen Beruf, der mit Menschen zu tun hat, darf NIEMALS vergessen werden, worum es geht – um den Menschen. Und der Mensch ist es, der sich bisher immer geweigert hat, einer Reduzierung auf Messwerte und Zahlen Folge zu leisten. Diese Einsicht ist es allerdings, die verschiedenen Politikern, Analysten und Zahlenfans fehlt.

So kam es den auch zu einem typisch neoliberalen Beitrag, als anwesende Pfleger auf ihre geringe Bezahlung hinwiesen. Als Antwort bekamen sie zu hören, dass sie bitte ihr Gehalt mal mit dem Durchschnittsgehalt in Deutschland vergleichen sollten. Sie würden sehen, es gehe ihnen gut. Solche Vergleiche sind verachtend und können nur von Menschen kommen, von denen Ethik und Moral lediglich als Hindernis auf dem Weg zum eigenen Reichtum wahrgenommen werden.

Es gab auch noch eine weitere Situation, über die ich nachdenken muss. Die Podiumsteilnehmer hatten die Gelegenheit, einen Praxistag in der Pflege zu erleben. Bei einem solchen Praxistag haben alle Teilnehmer erlebt, mit wie viel Herz, Einsatzfreude und Bereitschaft die Pflegerinnen und Pfleger aktiv sind. Doch ein Teilnehmer hat daraus geschlossen, dass es ja offensichtlich eine Diskrepanz zwischen seiner Wahrnehmung und dem ewigen Klagen gäbe.

Mir stellt sich also die Frage, ob Pflegerinnen und Pfleger bewusst versuchen müssen, ihre miserable Situation am Patienten auszulassen. Zumindest, wenn sie beobachtet werden, natürlich. Es scheint so, dass nur auf diese Art der Eindruck vermieden werden könnte, dass eigentlich doch alles in Ordnung sei. Das ist sehr traurig und zeigt die eiskalte Logik, die von Neoliberalen angewendet wird, um sich die eigene Welt zu schustern und die Augen verschließen zu können.

Unabhängig davon, ob ich es in den Bundestag schaffe, kann mir niemand mehr nehmen, was ich beim Thema Pflege lernen konnte. Ich werde das nicht vergessen und danke ganz ausdrücklich den Veranstaltern für diese Möglichkeit.

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