Snowden – Faustpfand Russlands

Als amerikanischer Staatsbürger ist Edward Snowden für Russland Gold wert. Der russische Präsident Wladimir Putin bezeichnete die Situation jüngst als „ein Geschenk, wie zu Weihnachten“. Ich glaube deshalb nicht, dass Russland tatsächlich einen „Wistleblower“[1] vor der Todesstrafe in Amerika schützen will. Human Rights aren’t useful for business.

Deshalb interessiert mich nebenbei die Frage, welchen Deal Russland nun anstreben könnte. Geht es vielleicht um die hart umkämpfte Stationierung des NATO-Raketenschildes? Oder Handelserleichterungen? Oder möchte Russland Amerika zu anderen Zugeständnissen bewegen? Fakt ist, dass Russland seine Verhandlungsposition mit dem Faustpfand Snowden gestärkt haben dürfte.

Wie auch immer… es geht es um Macht- und Wirtschaftsinteressen. Menschenrechte spielen hierbei wohl kaum wirklich eine Rolle. Wie groß die Angst vor weiteren, tiefgreifenderen Veröffentlichungen von Edward Snowden bei der US-Regierung sein könnte, erkennt man am Appell „Er sollte nach Hause kommen und den Mut haben, sich den Anschuldigungen zu stellen„. Interessant in diesem Kontext die die Formulierung „nach Hause“. Sie impliziert eine Heimat für Edward Snowden, die er leider nicht mehr haben kann.

 

[1] Mit dem Begriff Wistleblower tue ich mich bei Edward Snowden etwas schwer. Ebenso wie Bradley Manning hat er Geheimnisverrat begangen. Und – entscheidend in diesem Zusammenhang – die US Regierung hat wahrscheinlich nicht gegen ihre Gesetze verstoßen. Wistleblower sind Menschen, die Missstände aufdecken – dort, wo gegen Gesetze verstoßen wird. Doch unabhängig davon hat Mr. Snowden Schutz verdient und er hat ehrenvoll und richtig gehandelt. Er zählt zu den wenigen Menschen, deren moralischer Kompass noch in Ordnung zu sein scheint. Menschenrechte hätten niemals über Gesetze so ausgehöhlt werden dürfen! Vorsicht, Deutschland, vor den Merkels und Friedrichs dieser Welt!

Des #PRISM’s Kern

Die gegenwärtige PRISM (und TEMPORA etc.) Diskussion geht meines Erachtens ein Stück am Kern vorbei. Deshalb möchte ich hier ein paar Überlegungen äußern, die einen weiteren Blickwinkel auf die Geschehnisse eröffnen könnten:

1. Das Ziel jedes Unternehmens ist die Gewinnmaximierung. Also suchen die Unternehmen alle Einkommensfelder, die sie finden können. Und wenn es keine gibt, erschließen sie welche. Die Wege der Erschließung sind schwer. Bereits an dieser Stelle spielt die Politik eine zentrale Rolle. Denn zunächst müssen Gesetze geschaffen werden, die diese Erschließung legalisieren – zum Beispiel die Überwachungstechnologie. Deshalb haben heute die Politiker selbstherrlich Recht, wenn sie behaupten, dass alles nach Recht und Gesetz geschehen müsse – genau nach den Gesetzen nämlich, die vorher von den Unternehmen mit entsprechender Lobbyarbeit geschaffen wurden.

2. Information ist ein sehr wertvolles Gut. Früher waren es primär Informationen über Staaten, Ihre Pläne und Absichten. Die Informationsbeschaffung war darauf ausgerichtet. Die klassische Spionage. Durch das Industriezeitalter wurde die Information als das Wissen um den Technologievorsprung betrachtet. Die Spionage dehnte sich langsam auf den Sektor der Wirtschaftsspionage aus. Spätestens zu diesem Zeitpunkt waren ideologische Freund/Feind Bilder unwichtig. Das Festhalten am alten Begriff der Freundschaft passiert nur noch der lieben Bevölkerung wegen – es sind Interessen die uns verbinden – oder eben nicht. Freundschaft hin oder her. Heutzutage ist die Spionage auf ein weiteres Ziel ausgerichtet: dem Machterhalt. (Das war früher die klassische Gegenspionage).

3. Mit dem Käufer hat das Internet eine neue Informationsware entdeckt. Der Mensch mit all seinen Gewohnheiten und Vorlieben ist es, der nunmehr mit „zielgerichteter“ Werbung adressiert wird. Und dazu werden Techniken benutzt, die immer präziser einen Menschen identifizieren können – Data Mining, Data Correlation um ein paar Stichworte zu nennen. Ob jetzt nur Bewegungsdaten oder auch Inhaltsdaten erfasst werden ist eine dieser Verschleierungsdiskussionen, die im Gesamtzusammenhang an Relevanz verlieren. Das Ganze hat seinen Einzug unter dem Begriff „Big Data“ gehalten und damit wurde salonfähig verschleiert, wie extrem die Überwachung schon fortgeschritten ist und welcher Grad der Detaillierung bereits erreicht wurde. Weder Hersteller noch Nutzer von Überwachungssystemen müssen sich mehr verstecken – es gibt große Events auf denen die Vorteile in aller Deutlichkeit präsentiert werden.

Wenn wir also über Überwachung reden, so reden wir zunächst über Wirtschaftsinteressen. Denn das ist es, was im Kern hinter dem Ganzen steckt. Menschenrechte, Informelle Selbstbestimmung – wenn interessiert das denn wirklich, wenn sich Millionen und Millionen verdienen lassen? Wen interessiert das, wenn er mit Hilfe dieser Techniken seinen Status sichern und seinen Wohlstand nähren kann?

Einem Unternehmen vorzuwerfen, dass es Geld verdienen möchte, ist absurd! Ja, ich bestätige hier gerne, dass Unternehmen ein legitimes Recht haben, Ihre Güter zu schützen. Das macht auch jeder von uns mit seiner Wohnung, wenn er die Tür abschließt.

Einem Staat und seinen Politikern aber vorzuwerfen, dass sie unter dem Deckmantel der Arbeitsplätze und des Technologiestandortes, die Ziele der Wirtschaft als die Staatsziele verkaufen, ist aber absolut notwendig. Und als dieser Deckmantel drohte, an Wirkung zu verlieren, wurde auf den allgegenwärtigen Terrorismus und all die abartig-böse andere Kriminalität verwiesen. Wohlgemerkt – es geht eigentlich immer noch nur um Geld.

Politiker sollten Lobbyisten der Menschen sein, nicht der Unternehmen. An Ihnen liegt es die Balance zu halten. Es liegt an Ihnen sicher zu stellen, dass das Geldverdienen nicht zur neoliberalen Maxime der Gesellschaft wird. Und die Unternehmen werden alles tun, um genau das sicher zu stellen.

elitäre Wahlprüfsteine

Gerade vor den Wahlen werden eine große Anzahl von Vereinen, Verbänden, Organisationen, Instituten und so weiter hektisch. Statt sich einfach über Parteien und Ihr Programm zu informieren, schicken Sie so genannte Wahlprüfsteine durch die Gegend. Das sind Fragen, die mehr oder weniger suggestiv versuchen eine möglichst zustimmende Meinung zu Ihrem Anliegen aus den beteiligten Parteien herauszukitzeln. Und das nicht nur an die Parteizentralen, sondern teilweise auch an jeden einzelnen Kandidaten.

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Kommentar: Inkompartible T. Straubhaar-bGE-Definition in der „Welt“

Kommentar zu Prof. Thomas Straubhaar,  Welt: Warum Grundeinkommen gut zu den Piraten passt

Den ersten Absätzen des Autors stimme ich zu. Und ja, ich hätte mich beinahe von der Rhetorik und perfekten Logik des Autors überzeugen lassen.

Doch was hier in Wirklichkeit passiert, ist eine Verknüpfung der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens mit einem dem Autor genehmen Finanzierungsplan.

Die piratige Definition vom bedingungslosen Grundeinkommen umfasst nicht nur einen Betrag, der zum Überleben, sondern auch zur gesellschaftlichen Teilhabe ausreichend ist.

Für den Autor mag es logisch sein, zu behaupten, dass das Grundeinkommen ein Steuerfreibetrag sei – doch dem ist nicht so. Selbst einem Vergleich „Das Grundeinkommen ist WIE ein Steuerfreibetrag“ würde ich nicht zustimmen.

Er zeigt uns einen „äußerst einfachen ökonomischen Zusammenhang“ -ein hohes GE bedingt hohe Steuersätze und ein niedriges GE bedingt tiefe Steuersätze.

Das klingt zwar logisch, ist aber (sogar ökonomisch) einfach falsch.

Der Autor hat denn auch einen wichtigen Punkt in seiner Logikkette unterschlagen. Wie kommt das bGE zustande, beziehungsweise wo kommt es her? Er baut diese Brücke, indem er aus dem Sockeleinkommen einfach ein Grundeinkommen macht. Das „bedingungslos“ unterschlägt er geschickt, um es im letzten Absatz aus dem Nichts wieder erscheinen zu lassen. Das ist Strategie, denn zunächst muss tatsächlich das Wörtchen „bedingungslos“ vom Grundeinkommen getrennt werden.

Im Folgenden wird auch die Wirklichkeit des Autors deutlich, wenn er das Grundeinkommen mit dem „Anreiz zu arbeiten“ verknüpft.

Doch das bGE hat zunächst erst mal nichts mit den Steuerfreibeträgen zu tun.

Der Steuerfreibetrag der auf meiner Lohnsteuerkarte steht, ist ein Betrag, denn ich von meinem erarbeiteten Geld nicht gegenüber dem Staat versteuern muss. Das bGE ist ein Geld, das der Staat an alle Menschen auszahlt – unabhängig davon, ob sie arbeiten oder nicht.

Die Piraten haben erkannt, dass es keine Vollbeschäftigung mehr geben wird, dass aber jeder Mensch das Recht hat in Würde zu leben. Da unsere Gesellschaft das Geld als Zahlungsmittel definiert hat, ist es also von Nöten, jeden Menschen mit ausreichend Geld auszustatten (ich schreibe hier nicht „unterstützen“, sondern bewusst „ausstatten“), damit er in Würde leben kann.

Faktisch trennt das bGE also den Menschen vom System der Erwerbsarbeit insofern ab, als dass der Mensch diese Arbeit macht, aber nicht machen muss. Er ist frei in seiner Entscheidung und damit nicht mehr schutzlos den Interessen der Arbeitgeber ausgesetzt.

Dass der Mensch trotzdem arbeiten wird, liegt im immateriellen Bereich in Begriffen wie „Anerkennung“, „Lob“, „Erfüllung“ und „Berufung“ und im materiellen Bereich ganz allgemein in der Verfügbarkeit von Genuss- und Luxusgütern begründet.

Der Autor spielt – ohne das direkt anzusprechen, mit den Ängsten des Lesers, indem er suggeriert, dass er abhängig vom der Höhe des bGE mehr Steuer zahlen müsste. Auch das ist eine Aussage, die nur in seinem Deutungsraum funktioniert.

Ebenso hat mich der Satz aufhorchen lassen „Damit ist auch ein anderer Vorwurf entkräftet, nämlich dass auch Gutverdienende das Grundeinkommen erhalten.“ Bei diesem Satz gehe ich davon aus, dass er in seinem Deutungsraum vom bGE tatsächlich mit diesem Vorwurf konfrontiert wird – doch er ist aus piratiger Sicht absolut absurd. Wir fordern das bGE für ALLE – das schließt sogar die armen Reichen mit ein. Diesen Satz habe ich höchstens mal als Verständnisfrage erlebt.

Der Autor suggeriert, dass der Schritt zum bGE ein kleiner sei: „Das Grundeinkommen ist nichts anderes als ein Steuerfreibetrag in Höhe des Existenzminimums – so wie er bereits heute in Deutschland allen gewährt werden muss.“ – doch wie bereits vorher geschrieben – es ist nur in seinem Deutungsraum faktisch korrekt.

Das genaue Finanzierungskonzept beim bGE ist meines Erachtens noch völlig offen. Der Autor hat mit diesem Artikel nur das Ziel seine (von neoliberalen Gedanken durchwebten) Sichtweisen auf das bGE anzuwenden und damit sein favorisiertes Finanzierungskonzept mit dem bGE zu verknüpfen.

Tatsächlich aber gilt es weiterhin erst einmal die Idee des bedingungslosen Grundeinkommen an sich zu verstehen und hierüber aufzuklären.

Bevor man eine Idee, eine Vision richtig verstanden hat, sollte man die Finanzierungsfrage meiden, denn Finanzierbarkeit und Arbeitsplatzverlust sind zwei der schlimmsten Innovationsgegner unserer Zeit. Und deshalb ich habe meine Zweifel an der Gültigkeit solcher Argumente zu einem zu frühen Zeitpunkt.

Die in anderen Kommentaren erwähnte Nähe des Autors zum „AfD-Kader“ erscheint mir in diesem neolibaralistischen Zusammenhang durchaus „logisch“.

Zeitreisen – wem schaden sie?

Dieser Beitrag bezieht sich auf die wiederholenden lautstarken Äußerungen, dass das Thema Zeitreisen den Piraten so nachhaltig und wahnsinnig in der Außenwirkung schade.

Es waren Piraten aus Schleswig-Holstein, die auf dem letzten BPT den Zeitreiseantrag auf die Tagesordnung gebracht haben. Wir wollten einfach Spaß haben, denn ja!, Politik darf auch Spaß machen.

Ich wiederum war es, der auf dem LPT in Schleswig-Holstein einen weiteren -durchaus NICHT spaßigen- Zeitreiseantrag gestellt hat. Hast Du Dir die Begründung mal durchgelesen?

Ich habe keine Probleme damit, unsere Positionen vor den Menschen zu vertreten, denn ich glaube daran, dass diese richtig und gut sind.

Eines ist mir aber völlig klar. Piraten wollten niemals „everybody’s darling“ sein. Wir haben teilweise sehr kontrovers diskutierte Positionen, die längst nicht alle in der Öffentlichkeit positiv aufgenommen werden. Gamers, Drogen, bGE um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Menschen, die in diesen Positionen uns entgegengesetzte Standpunkte einnehmen, werden uns nicht wählen. Hoffentlich gelingt es uns, diese Menschen über die Jahre von der Richtigkeit unserer Sichtweisen zu überzeugen.

Zeitreisen mag für manche genau so ein „spinnert“ Thema sein. Aber auch hier gilt: Überzeugen, statt uns selbst öffentlich für verrückt zu erklären.

Es ist meines Erachtens viel schädlicher, wenn an Infoständen Sätze fallen, wie „das sind ein paar Spinner in der Partei„…

Wir sind eine offene Partei, die neuen oder alternativen Ideen aufgeschlossen gegenüber steht. Wir sollten uns tunlichst diese Grundhaltung auch zu Eigen machen!

Ich bin überzeugt, dass unsere „Außenwirkung“ sehr viel besser wird, wenn wir wieder Profil zeigen und zu uns selbst stehen. Wenn Du andere überzeugen willst, musst Du selbst überzeugt sein.

Derjenige, der glaubt, er kenne die Öffentlichkeit besser, der deshalb glaubt, die „Außenwirkung“ richtig einschätzen zu können, kann dieses gerne tun. Aber wie war das gleich?

„Prognosen sind schwierig, besonders, wenn sie die Zukunft betreffen!“ (Quelle kenne ich gerade nicht)

Als Beispiel – und nur mal so:

Wenn der 68-jährige CDU-Rentner mit Lieblings-Kriegs-Geschichten mich als Spinner bezeichnet, weil ich für die Idee bin, in der Gesellschaft und der Politik mal weiter als nur bis zur nächsten Legislaturperiode zu denken… dann ist mir das – mit Verlaub – egal!

Wenn unserer Themen momentan nicht mehrheitsfähig sind, sollten wir daran arbeiten. Erklären. Öffentlich machen. Menschen überzeugen. Gemeinsam!

Ich denke, es ist ein Fehler, stattdessen daran zu arbeiten, mehrheitsfähige Positionen zu finden. Denn das ist das, was die Alten tun.

Und wenn wir das tun, fügen wir uns „endlich“ in die Wünsche der Politikwissenschaftler, Analysten und Journalisten ein, die mit unserem „Wir sind VORNE“ nie so recht warm wurden.

Just my 2 cent.

Das mit den Idealen

Bruno Gert Kramm hat einen guten Beitrag geschrieben: Appell an unsere Ideale.

Ich hatte das Bedürfnis, dazu etwas zu schreiben:

Danke Bruno!

Ich bitte Dich das Ganze mal zu konkretisieren: Denn das Problem liegt in den Worthülsen, die wir als Ideale verkaufen. Das Problem liegt in unserer unterschiedlichen Interpretation. Transparenz zum Beispiel wird von einigen anders definiert, als ich ich täte.

Oder was ist mit dem BGE? Das Abkoppeln vom Menschen aus dem Wirtschaftskreislauf, wie wir es in einigen Positionen fordern. Wenn wir den Menschenwürde als Kern definieren, ist m.E. das BGE eine logische Konsequenz. Was sind also BGE-Gegner für Piraten?

Und wie ist das mit der Basisdemokratie? Warum lehnen Piraten alternativen Modelle zur Entscheidungsfindung der Partei ab, statt sie auszuprobieren?

Was ist mit Menschen, die immer erst auf die Finanzierbarkeit statt auf die Notwenigkeit und die Machbarkeit schauen? Haben Sie Ihre Ideale dem “Notwendigen” geopfert?

Ich denke, das Problem liegt in den Menschen, die auf Mainstream, Meinungsforscher, Politikwissenschaftler und Wirtschaftswissenschaftlermeinung mehr achten als auf Ihr Herz. Ihnen gibt die Meinung anderer ihre Richtung vor. Sie bezeichnen sich selbst als Versteher und andere als beratungsresistent oder naiver Spinner. Sie verkennen Ihre eigenen Mängel. Es fehlt Ihnen an Respekt und Achtung und dem Eintreten für die eigenen Ideale.

Es wird, so glaube ich, langsam Zeit sich auf den Piratenkodex zu besinnen.