Strukturen aufbrechen – Fraktionszwang

Fraktionszwang, so wie ich es verstehe, ist der Zwang alle Abgeordneten einer Fraktion zum Vertreten der gleichen Meinung. Soweit so gut. Auch die Piratenabgeordneten sollten dieser Art von Fraktionszwang unterliegen. Die interessante Frage aber ist, wie diese Meinung, die zu vertreten ist, zustande kommt.

Genau an dieser Stelle müssen sich die Piraten von den “etablierten” Parteien unterscheiden. Während der Fraktionszwang dort entweder durch Koalitionszwänge, durch Vorsitzendenmeinung oder fraktionsinterne Mehrheiten zustande kommt, muss die Meinung der Piratenfraktion auf der Basis beruhen.

Hierzu bedarf es Mechanismen, durch die die Meinung der Basis direkt und zuverlässig zu den Abgeordneten gelangen kann. Liquid Feedback ist in diesem Zusammenhang die einzig momentan verfügbare Alternative. Die Tatsache, dass nicht viele der gegenwärtigen Listenkandidaten der Piraten-SH Liquid Feedback nutzen, stimmt ernstlich bedenklich. Es heißt sicher nicht, dass es die einzige Alternative ist und die Datenschutzbedenken die in diesem Zusammenhang vorgebracht werden unbegründet oder unwichtig sind. Aber es heißt, meines Erachtens, das eine Abwägung erfolgen muss.

Ein Abgeordneter gibt in seiner Rolle einen Teil seiner persönlichen Freiheit auf – er hat Ihn aufzugeben! Das Grundinteresse der Partei an Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen wiegt höher als das Recht auf persönlichen Datenschutz. Immerhin hat niemand den Abgeordneten gezwungen diese Rolle zu übernehmen. Wenn er sich damit nicht anfreunden kann, darf er gerne den Listenplatz aufgeben zu Gunsten geeigneterer Kandidaten!

Auch die Argumentation der im Grundgesetz verankerten Gewissensentscheidung, auf die sich dieser Tage Einige berufen, erscheint mir vorgeschoben. Zum Beispiel steht es für mich außer Frage, dass ich aus Gewissensgründen eine Kriegsteilnahme – unabhängig von egal welchem Basisbeschluss – niemals positiv unterstützen könnte. Das ist eine Gewissensentscheidung. Aber Fakt ist, dass die Entscheidungen, bei denen mein Gewissen einen Basisbeschluss ignorieren müsste, sehr wenige und sehr selten sind.

Also, Piraten: Ich bin für Fraktionszwang, aber basierend auf Zwang, der durch die Basis definiert wird und der sich deshalb von dem der etablierten Parteien unterscheidet.

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