SteuerCD – Thema verfehlt?

Zu dem erneuten Ankauf einer CD mit Daten potentieller Steuerhinterzieher aus Deutschland, die in der Schweiz kopiert wurde, gäbe es eigentlich wenig neues zu sagen. Wenn da nicht eine beachtenswerte Komponente hinzugekommen wäre.

Eine Gruppe von 4 (Fraktions-)Mitgliedern der Piratenpartei stellt Strafanzeige in Nordrhein-Westfalen gegen den Käufer der CD. First of all: Die Gruppe will sich als Privatpersonen verstanden wissen  – das unterstelle ich einfach mal so, da es keinen Basisbeschluß gibt, der sagt, wir zeigen alle Steuer CD Aufkäufer an. Also: 4 Bürger mit Parteihintergrund stellen Strafanzeige in Nordrhein-Westfalen. Das Sie hierfür Parteimedien zur Veröffentlichung gebrauchen hat dabei natürlich nichts mit der Partei zu tun. Die Tatsache, dass die Presse diesen Bezug herstellt, ist nicht durch die 4 zu verantworten.

Nun aber mal ins Detail. Über die Rechtmäßigkeit des Aufkaufs einer CD mit Daten, die nicht geklaut, sondern kopiert sind (siehe Filesharing-Argumentation) darf man diskutieren. Speziell über die Frage, ob hierbei datenschutzrechtliche Belange verletzt wurden, wenn die Daten per Gesetz eigentlich sowieso den Steuerbehörden zugänglich sein sollten.

Viel interessanter aber ist die Frage nach dem, was dahinter steckt:

Option a) Die Anzeiger haben selbst etwas zu verbergen und treten nun die Flucht nach vorne an. Ich halte diese Option für falsch. Ich denke ich irre mich auch in der Annahme, dass die Anzeiger Beziehungen zu potentiellen Steuerhinterziehern unterhalten könnten und sich auf diese Art für Ihre Freunde stark machen würden.

Option b) Die Anzeiger sind vom Datenschutz und von rechtsstaatlichen Mitteln überzeugt und als Überzeugungstäter kämpfen Sie hier gegen die vermeidliche Rechtsbeugung durch den Staat – vertreten durch den Finanzminister Norbert Walter-Borjans. In diesem Falle kann ich der Aktion noch immer nicht viel abgewinnen,  bin aber auch kein Jurist, um die rechtlichen Zusammenhänge sicher zu deuten. Ich würde allerdings davon ausgehen, dass Herr Walter-Borjans auch nicht einfach einen Schnellschuss ins Blaue riskiert, sondern seine rechtlichen Möglichkeiten durchaus abgewogen hat.

Option c) Die Anzeiger sind Selbstdarsteller, die eine Karte gespielt haben, die sie ins Licht der Öffentlichkeit rückt. Auch wenn ich bereit bin diese These genauso weit von mir zu schieben wie Option a) so erlaube ich mir doch die Frage “Warum jetzt?”. Dieses ist nicht der erste oder der zweite Aufkauf einer CD mit Daten potentieller Straftäter. Was macht diesen Ankauf so anders, dass nun dagegen geklagt wird?

Was bleibt?

Es bleibt die Frage, warum diese Diskussion das Problem verdrängt? Das Problem ist nicht die Steuer CD, sondern die Frage, warum gerade wohlhabende Menschen in Deutschland Ihrer sozialen Verantwortung für die Gemeinschaft in der auch sie leben nur widerwillig nachkommen wollen. Warum das Verbrechen “Steuerhinterziehung” immer noch als Kavaliersdelikt angesehen wird?

Es bleibt die Frage, warum unsere Gesetze so viele Schlupflöcher lassen und warum unsere Behörden mit zu wenig Personal Verstöße verfolgen sollen. Rein mathematisch glaube ich, dass sich einige zusätzliche Steuerexperten schon durch Ihre Arbeit selbst finanzieren würden – gilt übrigens auch für Sozialarbeiter etc.

Es bleibt die Frage, nach meinem Standpunkt. Ich halte den Ankauf der CD’s für fragwürdig und würde Ihn selbst nicht so tätigen. Ich halte aber die Steuerhinterziehung für ein Verbrechen an der Gesellschaft. Beide Dinge gegeneinander zu halten ist jedoch nicht zielführend. Entscheidend sollte die Frage sein, wie man Steuerhinterziehung wirkungsvoller bekämpft und warum man Steuerhinterziehern immer noch oft so großes Pardon gewährt.

Das Steuerabkommen mit der Schweiz, ist wieder ein legalisierendes Abkommen, wie wir schon einige haben. Ziel hiervon ist es nicht, die Steuerhinterziehung wirkungsvoll zu bekämpfen – wie uns suggeriert wird – , sondern durch einen Ablasshandel eine rückwirkende Straffreiheit zu erreichen. Es ist mir unbegreiflich, wie Politiker ernsthaft so etwas als richtig verkaufen können. Der Trick ist einfach: Wiederhole es lange genug und schweige zu den Vorwürfen, beziehungsweise weiche aus. Wer dieses Steuerabkommen wohl so geschrieben hat?

Wenn in NRW der Finanzminister genau mit dem Unsinn dieses Steuerabkommens argumentiert, so hat er in diesem Punkt meine Meinung getroffen. Wenn er deshalb begründet, dass er lieber die CD kauft um die Verbrecher zu entlarven, so hat er auch in diesem Punkt meine Zustimmung. Steuerhinterziehung ist ein Verbrechen und die Gesetze sollten deutlich höhere Strafen vorsehen. Den Staatsanwaltschaften sollte grundsätzlich verboten werden Verfahren wegen geringen öffentlichen Interesses oder Geringfügigkeit gegen ein Schutzgeld einzustellen.  Die Willkür dieses Mittels ist der Rechtsstaatlichkeit abträglich.

Related Images: