Wahrheit im Netz – der pseudowissenschaftliche Beweis

In der Wissenschaft treffen die Damen und Herren Wissenschaftler Aussagen, in denen sie auf ihre oder andere Forschungsergebnisse hinweisen und daraus Thesen und Erkenntnisse ableiten. Das referieren auf Originalquellen ist hierbei wichtig, um die Nachprüfbarkeit der These, der Erkenntnis zu gewährleisten und anderen Menschen zu erlauben, die zugrundeliegenden Gedankengänge und Schlussfolgerungen zu sehen.

Ein weiterer Grund des Bezugs zu einer Quelle ist es, sicherzustellen, dass sich der Wissenschaftler nicht mit fremden Federn schmückt, sondern – als guter Ton unter Kollegen – das Lob dort adressiert, wo die Arbeit geleistet wurde. Auf das sogenannte “geistige Eigentum” will ich nicht auch noch hinweisen…

Das ist die wissenschaftliche Basis von Arbeiten, von Forschung und Entwicklung. Von Erkenntnisgewinn für die Gesellschaft und vom Weiterentwickeln der Menschheit. Solange diese Basis so existiert, werden wir uns weiter entwickeln, wir lernen fortlaufend unsere Entscheidungen den neuen Erkenntnissen anzupassen und die Erkenntnisse fließen in das globale Wissen ein, welchen durch old-fashion Medien und zunehmend durch moderne Medien der Menschheit erhalten bleibt.

Was aber passiert, wenn diese Basis zu einer pseudowissenschaftlichen Basis verkommt?

In einem solchen Falle, wird sich die Menschheit nicht mehr von der Wahrheit leiten lassen, sondern von Meinungs- und Stimmungsmachern. Sie wird sich auch weiter entwickeln, aber in die Richtung einer Gesellschaft, die von Egoismus und Populismus geprägt sein wird. Das Lernen aus Fehlern wird schwerer werden und der Eigenanspruch an die Wahrheit wird zu einem Anspruch an Andere, die Wahrheit vorzubeten. Der Mensch verblödet.

Wie entsteht diese Pseudowissenschaft?

Hierzu ein paar Punkte:

  • Es werden Wissenschaftler für das Manipulieren von Forschungsergebnissen bezahlt
    Gefühlt gibt es für mich nur noch gesponserte Studien. Dabei wird der Auftraggeber oft hinter komplexen Geflechten von Institute, Stiftungen und sonstigen Lobbygesellschaften versteckt, dass ein durchschauen dieser Tatsachen investigativen und professionellen Journalismus erfordern würde – wenn nicht diese auch wieder durch Geldgeber kontrolliert werden würden.
  • Es werden Forschungsziele so verwässert formuliert, dass ein breiter Spielraum für Interpretationen bleibt
    Diese Technik ist sehr beliebt, um ein dem Auftraggeber genehmes Ergebnis zu erziehen und dabei die Intention hinter einem Mantel der Offenheit zu verstecken.
  • Es wird durch suggestive Fragestellungen die Richtung des Ergebnisses bereits vorgegeben
    Schon mal an einer Umfrage teilgenommen, wo eine Frage so gestellt wird, die eine objektive Bewertung unmöglich macht? Beispiel: Sind sie für eine Anhebung des Rentenalters auf 67 oder auf 70 Jahre? Was wäre denn, wenn ich überhaupt nicht für eine Anhebung des Rentenalters wäre?
  • Es werden Sekundärquellen genutzt
    Statt auf die Originalquellen einer Erhebung zu verweisen, werden munter Quellen benutzt, die bereits die Daten interpretiert und mit einer eigenen Meinung versehen haben. Auf diese Weise entsteht ein Eindruck von tiefer Auseinandersetzung mit dem Thema, die aber letztendlich meistens sehr einseitig bleibt. Gerade in Netz sehe ich sehr häufig diese Art der Verknüpfung. Wenn man Ihnen folgt, bekommt man leicht den Eindruck viele Menschen – eine große Mehrheit – wäre ähnlicher Meinung.
  • Es werden Fachleute geschaffen
    Formulierungen wie “wie der Kollege XYZ bereits erwähnte” oder “gemäß einer Studie von Dr. ABC”, die wissenschaftlich korrekt sind, werden Ihrer ursprünglichen Intention widersprechend angewandt. Es kann zum Beispiel versucht werden, eine Reputation für einen Kollegen aufzubauen, die durch nichts wirklich begründet ist. Wenn dann dieser Kollege wiederum auf den ersten Sprecher verweist, entsteht eine Schleife von Reputation, die eigentlich in Humbug ist, aber den Wenigsten auffällt.
  • Die eigene Reputation wird unterstrichen
    Durch Benennen von Verbindungen zu anderen Personen suggeriert man den Eindruck tief an der Quelle zu sitzen und alles was man sagt mit diesen Personen abgestimmt zu haben. Man kann mich zum Beispiel nicht damit beeindrucken, wenn man im Nebensatz sagt: Angela (Merkel) hat mir letztens erzählt, dass Sie das genauso sieht. Das wird besonders dann lächerlich, wenn der Gegenüber keine Besonderheit oder Relevanz zum Thema in der anderen Person erkennt. Mich macht es irgendwann einfach müde, einem solchen Angeber zuzuhören.
  • Es werden Fakten unterschlagen
    Fakten, Argumente, auf die man nicht eingehen will, werden einfach ignoriert. Genau diese Fakten und Argumente sind es, die ich doppelt aufmerksam betrachte.

Aus diesen Überlegungen habe ich für mich ein paar Leitlinien entwickelt:

  1. Traue keiner Studie, verlasse Dich auf Gespräche und Erkenntnisse, die Du selbst erfährst.
  2. Werde vorsichtig gegenüber Menschen, die vor lauter Zitieren von anderen Erkenntnissen, Ihre eigene Meinung nicht mehr kennen.
  3. Lasse Dich nicht auf Diskussionen ein, die einen pseudowissenschaftlichen Anstrich bekommen – überlasse das den Wissenschaftlern.
  4. Vermeide Links in Deinen Texten, sie suggerieren einen wissenschaftlichen Anspruch, denn ich gar nicht an mich selbst stelle.
  5. Rede nicht in „WIR“ Form, wenn Du nicht alle im „WIR“ gefragt hast.
  6. Vermeide den Eindruck zu erwecken, Du wärst eng mit einer „hochgestellten“ Person befreundet. Nenne deshalb nicht in jedem zweiten Satz den Namen. Das einzige Ziel von sowas ist es, der eigenen Meinung mehr Gewicht zu geben.
  7. Hinterfrage immer: Was ist das Ziel des Autors?
  8. Lese zwischen den Zeilen und achte auf das was unterschlagen werden könnte.

Schlusswort:

Es gibt mehr als Schwarz und Weiß. Das weiß ich. Ich weiß auch, dass Studien nötig sind und dass ich nicht die Weisheit der Welt gepachtet habe. Ganz bestimmt habe ich sogar die Definition einiger Begriffe für mich umgedeutet. Ich sehe lediglich ein paar Dinge, von denen ich glaube, dass Sie nicht genug Beachtung finden. Deshalb will ich mit dem Text zum Nachdenken anregen, nicht überzeugen.

 

TL;DR

It’s not my problem – if your concentration phase is too short.

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